Mein Problem ist immer ein bisschen: Ich will andere nicht belehren. Und schon gar nicht meinen Freund Peter, obwohl der in Umweltdingen gern ein bisschen nachlässig ist. Er ist ein großzügiger Benutzer von Weichspüler, trocknet seine Wäsche zeitsparend im Trockner, obwohl ich eine Leine im Garten gezogen habe, und schreckt auch nicht vor Algenentferner auf den Fliesen vor seinem Haus zurück. Aber es ist SEIN Haushalt, ich bin nur zu Besuch. Und ich selbst sündige ja auch: Ich reise gern und fliege daher oft – mehr als er. Welches Recht habe ich also, ihn für seine Umweltfahrlässigkeit zu kritisieren? In einem gemeinsamen Haushalt wäre das leichter, aber als Gast? Als Gast (und Freundin) halte ich mich mit gängelnden Kommentaren zurück, obwohl er meine Haltung zu Weichspülern, Wäschetrocknern und Unkrautvernichtungsmitteln natürlich kennt.
Vor zwei Tagen, an einem der ersten sonnigen Frühlingsnachmittage hier in Dänemark, haben wir die Kissen für die Gartenmöbel aus der Garage geholt. Sie waren mit Schimmelflecken übersät. Das waren sie schon letztes Jahr, aber nach noch einem feuchtkalten Winter war es noch schlimmer geworden. Zu unappetitlich, um Gäste darauf Platz nehmen zu lassen jedenfalls. Also in die Waschmaschine damit, was nicht geholfen hat. Stumm und schweren Herzens habe ich anschließend dabei zugesehen, wie Peter 12 Schaumgummikissen und 12 Bezüge in einen großen Plastiksack gestopft und diesen zu den anderen Dingen gestellt hat, die er bei Gelegenheit mit dem Trailer zum Sperrmüll fährt. Auf so einem Bauernhof fällt viel an. Haufenweise Plastikfolie zum Beispiel, in denen das Winterfutter und das Heu für die Pferde eingewickelt ist.
Viele Stunden später, beim Abendbrot, habe ich mich dann doch überwunden: Was würde er davon halten, wenn ich neue Bezüge für die Schaumgummikissen nähe? Normalerweise verdreht er heimlich die Augen, wenn ich wieder mal etwas nicht wegwerfen kann. Aber diesmal hat er zu meiner Überraschung aufgehorcht. Ist das nicht zu viel Arbeit?, hat er gefragt. Klar ist das Arbeit, die natürlich in keinem Verhältnis zu dem steht, was ein neues Set Sitzkissen bei Ikea oder im Dänischen Bettenhaus kostet. Aber das ist egal, als Autorin von Kinderbüchern ist mein Stundenlohn immer lächerlich. Ich kann es nebenbei vor dem Fernseher machen, wenn Peter einen der Netflixfilme sieht, die mich sowieso nicht sonderlich interessieren. Und eine Rolle schwarzen Baumwollstoff habe ich auf meinem Dachboden liegen, irgendwo mal billig abgestaubt. Ich bin nun mal kein Wegwerfer. Und auf schwarz sieht man vermutlich keine Schimmelflecken? Nun muss ich mich nur noch zusammenreißen und es auch wirklich tun. Bevor er schneller ist und die nackten Schaumgummikissen DOCH plötzlich auf seinen Trailer wirft.